Radfahren in der Stadt braucht jetzt kreative Ideen der Kommunen

Mitten in der Corona-Krise erlebt das Fahrrad ungeahnte Wertschätzung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und renommierte Virologen empfehlen das Radfahren als gesündeste Alternative für notwendige Alltagsfahrten. Der Fahrradclub ADFC weist darauf hin, dass die Radwegenetze und das Verkehrsklima in Deutschland noch nicht für starken und sicheren Radverkehr ausgelegt sind. Den Kommunen empfiehlt er, gerade jetzt Kreativität zu zeigen und den Menschen den Umstieg auf das Rad zu erleichtern – etwa durch temporäre Umwidmung von städtischen Autospuren in Radspuren.

„Deutschland merkt gerade, wie sehr es in schlechten Zeiten auf das Fahrrad angewiesen ist – und wie sehr dieses Verkehrsmittel in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt wurde“, sagt ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork im Hinblick darauf, dass in der Coronakrise die Menschen vermehrt aufs Rad steigen – um dem mangels Reisemöglichkeiten drohenden „Lagerkoller“ zu verhindern oder um ein Transportmittel für nahe Einkäufe und Besorgungen etwa in der Apotheke zur Verfügung zu haben.

„Viele, die jetzt zum ersten Mal auf das Rad umsteigen merken, dass man in kaum einer deutschen Stadt wirklich sicher und komfortabel Radfahren kann. Wir wünschen uns, dass nach der Corona-Welle die Bedeutung des Radverkehrs für ein krisenfestes Verkehrssystem noch einmal neu diskutiert wird – und der notwendige Ausbau der Radwegenetze endlich mit dem nötigen Druck vorangetrieben wird“, fordert Stork.

Alltagsfahrten ja, Radreisen nein

Der ADFC appelliert an die Bundesregierung, das Radfahren auf Alltagswegen unter allen Umständen weiterhin zu erlauben. Stork: „Viele Menschen in systemrelevanten Berufen sind auf das Rad angewiesen. Außerdem brauchen die Menschen Fortbewegungsmittel, um zur Apotheke oder zum Einkaufen zu kommen.“ Deshalb müssten auch Fahrradwerkstätten für Notfälle offenbleiben, so die Forderung des ADFC. Radreisen hingegen verbieten sich schon jetzt, weil Übernachtungsangebote laut Empfehlung der Bundesregierung nicht mehr zu touristischen Zwecken genutzt werden sollen.

Gut gegen Lagerkoller

Der ADFC setzt sich auch dafür ein, das verantwortungsvolle Freizeitradfahren im Wohnumfeld nicht zu unterbinden. Stork: „Radfahren ist eine gute Möglichkeit, mal rauszukommen, sich zu bewegen, frische Luft zu tanken – und den Lagerkoller, den jetzt schon viele haben, zu überwinden. Natürlich alleine, oder nur mit denen, mit denen man ohnehin zusammen ist. Auch diese Form der Gesundheitsprävention sollte so lange irgend möglich erlaubt bleiben.“

Städte sollen kreativ werden

Der ADFC appelliert an die Kommunen, jetzt kreativ zu werden und den Menschen den Umstieg auf das Rad zu erleichtern. Die kolumbianische Hauptstadt Bogotá beispielsweise widmet Hunderte Kilometer Autospuren in temporäre Radspuren um und schafft dadurch attraktive Räume zum Radfahren. Stork: „Auch Berlin hatte eine sehr gute Idee: Die städtischen Leihräder sind jetzt mehrfach am Tag 30 Minuten gratis nutzbar. Solche Initiativen können die Menschen wirklich zum Umstieg auf das Rad motivieren!“

Ein Drittel der Umsteiger könnte dem Rad treu bleiben

Der ADFC schätzt, dass bis zu einem Drittel der Menschen, die während der Corona-Krise notgedrungen auf das Rad umsteigen, auch danach dem Rad treu bleiben könnten. Stork: „Das hat großes Potenzial, neue Mobilitätsroutinen zu etablieren und die Städte von unnötigen Autofahrten zu entlasten. Das sollte genug Ansporn sein, das Engagement für fahrradfreundliche Städte und Regionen jetzt noch einmal kräftig anzukurbeln.“

Red.