Wasserratten gerettet

In Schwerte ist es Bürgern gelungen, ein Freibad vor der Schließung zu bewahren. Das Elsebad wird heute von einer gemeinnützigen Betriebs-GmbH in Verbindung mit einem Förderverein getragen. Ein bundesweites Netzwerk soll nun dazu beitragen, noch mehr gemeinwohlorientierte Freizeitbäder vor dem Aus zu bewahren.

Zahlreiche Kommunen haben in den letzten Jahren aufgrund ihrer schwierigen Finanzsituation Frei- und Hallenbäder geschlossen. Üblicherweise führten hohe Betriebskosten in Verbindung mit oftmals gravierenden Investitions- und Modernisierungsstaus zum Aus. Besonders der Zustand der zumeist in den 1960er- und 1970er-Jahren gebauten Bäder forcieren einen schleichenden Schließungsprozess.

Die mangelnden Investitionen in die Instandhaltung und Modernisierung führen über die Jahre hinweg zu einem fortschreitenden Verlust an Attraktivität und Akzeptanz der Bäder. Eine Folge der Schließungen ist schon heute zu spüren: Immer weniger Kinder können schwimmen. Die DLRG stellt in einer aktuellen Untersuchung fest, dass bereits ein Drittel der Kinder bis zehn Jahre nicht schwimmen kann.

Dass es zur Schließung auch Alternativen gibt, zeigt exemplarisch das Bürgerbad Elsetal in Schwerte (Nordrhein-Westfalen). Seit 1988 wird das „Elsebad“ von Bürgern getragen und betrieben. Der Anstoß für die Rettung des im Jahr 1993 von der Schließung bedrohten Bades war ein Bürgerbegehren.

Alle Kosten kamen 1993 auf den Prüfstand. Die einzige Chance für die Initiativen bestand darin, möglichst viele Aufgaben ihres Bades – ob Betrieb oder bauliche Unterhaltung – ehrenamtlich zu erbringen. Nur so ließ sich die Schließung des Bades verhindern. Formal betrachtet unterscheiden sich Bürgerbäder von städtischen oder kommerziellen Bädern aufgrund ihrer Rechtsform und ihrer Gemeinnützigkeit. Das Elsebad wird von einer gemeinnützigen Betriebs-GmbH in Verbindung mit einem Förderverein getragen. Für die Stadt Schwerte besteht der „Charme“ des Elsebades auch darin, dass jährlich 52.000 Euro an städtischen Zuschüssen ausreichen, um ein attraktives Bad zu erhalten.

Eigenständigkeit zählt

Schon bald entdeckten die neuen Betreiber des Bades allerdings die besonderen Potenziale von Bürgerbädern – das Engagement und der Ideenreichtum der Bürger mit dem Bad. Sie sitzen an der Kasse, übernehmen Reinigungsaufgaben oder organisieren den Betrieb. Obwohl die Aufgaben nicht immer attraktiv sind, werden sie regelmäßig ehrenamtlich erbracht. Als entscheidender Schlüssel zum Erfolg hat sich die tatsächliche Eigenständigkeit der Bäder erwiesen. Sie ermöglicht die Bildung einer Verantwortungsgemeinschaft und bietet zugleich einen breiten Freiraum an Gestaltungsmöglichkeiten.

Wie im Elsebad organisieren auch in anderen Bädern Cineasten regelmäßige Open-Air-Filmabende. Sportvereine errichten und nutzen hier ihre Beachvolleyball-Felder oder bieten Wellness- und Gesundheitsangebote an. Lokale Künstler bringen sich bei der Gestaltung des Areals ein.

Nach einer Umwandlung in ein Bürgerbad verdoppelt sich oft die Gästezahl des Bades. Für diesen sprunghaften Anstieg gibt es sowohl psychologische wie auch „handfeste“ Gründe. So identifizieren sich die Bürger weit mehr mit „ihrem“ Bad als mit einem städtischen Bad.

Besonders wichtig ist die stetige Sicherung und Weiterentwicklung von Gebäuden und Außenanlagen. Nur so kann ein Sanierungsstau vermieden werden. Dem Elsebad gelingt es, jährlich 30.000 bis 50.000 Euro in den Erhalt und die Weiterentwicklung des Bades zu investieren. Eine ehrenamtliche Baugruppe sorgt dann dafür, dass mit diesen Geldern vieles bewirkt werden kann. Einen Sanierungsstau wird es im Elsebad also absehbar nicht geben. Allerdings gelingt dies nicht allen Bürgerbädern so gut wie dem Elsebad. Kämpfen müssen besonders die Bäder, die ein marodes städtisches Bad übernommen haben und nun in kleinen Schritten versuchen müssen, den Sanierungsstau zu beheben.

Auch Bürgerbäder sind nicht per se vor einer Schließung geschützt. Freibäder können unter schlechtem Wetter leiden und müssen Einnahmeverluste verkraften. Auch ein unerwarteter Defekt teurer technischer Geräte kann ein Bad in die Knie zwingen.

Bürgerbäder retten aber auch Arbeitsplätze, weil es ihnen vor allem gelingt, die Schwimmmeister hauptamtlich zu beschäftigen. Zudem verfügen die Bürgerbäder über gute Voraussetzung für die Schaffung weiterer Arbeitsplätze. Vorrangig im Gesundheitsbereich deutet sich ein Potenzial für professionelle Dienstleistungen an.

Netzwerk wirbt um Nachahmer

Wer sich selbst in einem Bürgerbad engagiert, weiß um die Herausforderungen, vor denen die engagierten Bürger stehen. Vor allem bei der Übernahme eines Bades müssen sie – ohne über viel Erfahrung zu verfügen – gemeinsam wichtige Entscheidungen treffen und gewaltige Aufgaben erfüllen.

Das Elsebad gehört gemeinsam mit anderen Bädern zu den Gründern des bundesweiten „Netzwerk Bürgerbäder“. Im März 2014 erfolgte die Gründung des Verbands, dem sich bisher vorrangig Bürgerbäder aus Nordrhein-Westfalen angeschlossen haben. Da sich die Attraktivität von Bürgerbädern herumspricht, sieht das Netzwerk für die Zukunft eine mögliche Aufgabe darin, Initiativen und Kommunen, die an der Gründung eines Bürgerbades interessiert sind, gebündelte Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. Im Mittelpunkt stehen aber zunächst der Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Unterstützung.

Gemeinnützige (Förder-)Vereine, Stiftungen und GmbHs finden sich ebenso wie Genossenschaften oder auch Kombinationen von Rechtsformen untereinander. Auch die Vertragsgestaltung mit der Kommune unterscheidet sich erheblich. Die Bäder stehen immer wieder vor neuen rechtlichen, organisatorischen und technischen Fragestellungen, für die ein anderes Bad vielleicht schon eine Lösung entwickelt hat. Deshalb befasst sich eine Arbeitsgruppe mit den Fragen rund um das Thema Umwelt und Technik.

Ebenfalls wird zur Zeit eine Einkaufsgemeinschaft vorbereitet, um gemeinsam günstiger Waren und Dienstleistungen beziehen zu können. Das Netzwerk will zudem systematisch die in den Bädern erprobten Lösungsmodelle erfassen. Mittlerweile gibt es eine Übersicht an Fördertöpfen und ein Forum, in dem Informationen ausgetauscht werden. Dies alles wird den Netzwerk-Bädern auf der Homepage zur Verfügung gestellt.

Offensiv wirbt das Netzwerk zudem für den Bürgerbäder-Gedanken. Nicht zuletzt hat es sich in der Praxis wiederholt als hilfreich erwiesen, wenn – wie in Schwerte – der Bürgermeister für Auskünfte bereitsteht, um auf die Skepsis von Politik und Verwaltung gegenüber diesem (noch) unkonventionellen Modells eingehen zu können.

Heinrich Böckelühr / Andreas Roters

Die Autoren
Heinrich Böckelühr ist Bürgermeister der Stadt Schwerte (Nordrhein-West­falen), Andreas Roters ist Geschäftsführer (ehrenamtlich) des Netzwerks Bürgerbäder