Mit Gästekarten ohne Auto mobil

Die kostenlose Nutzung von Bus und Bahn wertet touristische Gästekarten erheblich auf. Das zeigen zum Beispiel der Schwarzwald oder auch länder­übergreifende Modelle. Hinter dem Angebot stehen Partner aus Tourismus, Kommunen und Verkehr. Die Finanzierung erfolgt im Umlageprinzip.

Gästekarten für Übernachtungsgäste sind zu einem weit verbreiteten und vielfältigen Marketinginstrument für Kommunen und touristische Regionen geworden. Immer mehr Regionen nutzen sie, um ihr Ferien- und Freizeitangebot wettbewerbsfähig zu gestalten.

Besonders attraktiv wirken Gästekarten, wenn eine kostenfreie Nutzung von Mobilitätsangeboten integriert wird. Bisher dominiert im innerdeutschen Tourismus der eigene Pkw für die An- und Abreise und auch häufig bei der Mobilität am Urlaubsort. Verkehrsbelastungen und der Wunsch nach weiterem Wachstum bei Gästezahlen erfordern jedoch ein konsequentes Umdenken, nicht zuletzt, weil verbesserte Erreichbarkeit touristischer Regionen durch nachhaltige Mobilitätskonzepte auch den Bewohnern der Regionen nutzt.

Ein Blick auf die Gästekarten-Modelle mit Mobilitätsfunktionen in Deutschland zeigt, dass in einigen Bundesländern noch rechtliche Hürden bestehen, um Fremdenverkehrs- oder Tourismusbeiträge für die Mitfinanzierung von Bus- und Bahn-Angeboten einzusetzen. Dort, wo es Mobilitätsfunktionen in Gästekarten bereits gibt, gehören verschiedenste Optionen dazu: von der vergünstigten bis kostenlosen Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) über das Angebot alternativer Mobilitätsformen wie Carsharing bis hin zur freien Nutzung von Stromtankstellen. Dazu kommen die ohnehin bereits integrierten Rabatte etwa bei Sehenswürdigkeiten und touristischen Angeboten wie Schwimmbädern oder Freizeitparks.

Die möglichen Effekte von Gästekarten mit integrierten Mobilitätsangeboten für touristische Regionen, Kommunen, Gastgeber, Gäste aber auch Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen bedeuten für alle Beteiligten eunen Gewinn. Attraktive Angebote verbessern das Image der touristischen Region, ziehen mehr und neue Gäste an, verbessern das Bus- und Bahn-Angebot, verringern die Anzahl von Fahrten im privaten Pkw und führen zu Wertschöpfungseffekten aufgrund von mehr Übernachtungen und Konsum der Besucher.

Gästekarten mit integrierten Mobilitätsangeboten bieten zudem einen Lösungsansatz, um die meist eher spärlichen öffentlichen Verkehrsangebote in ländlichen Räumen zu verdichten. Dies hilft, Versorgungsfunktionen und Erreichbarkeiten in Regionen mit strukturellen und demografischen Veränderungen zu stärken.

Ein etabliertes Modell für Gästekarten mit integrierten Mobilitätsangeboten stellt etwa die sogenannte Konus-Gästekarte im Schwarzwald in Baden-Württemberg dar. Konus steht für „Ko“stenlose „Nu“tzung des ÖPNV im „S“chwarzwald. Sie ermöglicht Übernachtungsästen die kostenfreie Nutzung von Bus und Bahn in der Region zwischen Karlsruhe und Basel und vereint rund 140 Gemeinden sowie neun Verkehrsverbünde. Einer Untersuchung zufolge nutzt fast jeder zweite Schwarzwaldurlauber das Angebot.

Mit sicheren Einnahmen planen

Das Grundprinzip der Finanzierung der kostenfreien Mobilitätsnutzung ist eine Umlage. Hotels und andere Beherbergungsbetriebe erheben dabei einen leicht angehobenen Gästebeitrag, der einen ÖPNV-Beitrag beinhaltet. Dieser wird dann an die Verkehrsverbünde oder Verkehrsunternehmen weitergeleitet und dient etwa zur Sicherung des Bus- und Bahn-Angebots oder sogar zur Ausweitung von Fahrtenangeboten. Mit der Konus-Gästekarte konnten so in den ersten zehn Jahren seit der Initiierung im Jahr 2005 rund 30 Millionen Euro als pauschaliertes Beförderungsentgelt in die Finanzierungskreisläufe des Nahverkehrs eingespeist werden. Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen können somit auf einen kalkulierbaren und sicheren Einnahmeblock setzen.

Das Modell Konus-Gästekarte im Schwarzwald setzt in der Regel voraus, dass die Gästebeiträge kommunalrechtlich auch für Verkehrsangebote eingesetzt werden dürfen. In den vergangenen Jahren haben Bundesländer wie etwa Niedersachsen oder Schleswig-Holstein die jeweiligen Kommunalabgabengesetze reformiert, sodass eine kostenfreie ÖPNV-Nutzung nun zum Beispiel auch in der Gemeinde Butjadingen, Landkreis Wesermarsch oder in Bad St. Peter Ording, Landkreis Nordfriesland angeboten wird. In der Region Harz konnte mit dem Harzer Urlaubs-Ticket HATIX sogar ein länderübergreifendes Gästekartenmodell mit integrierter kostenfreier Mobilitätsnutzung etabliert werden.

Aktuell engagieren sich im Land Brandenburg touristische Verbände, Kommunen und Vertreter der Verkehrsbranche, um im Zusammenwirken mit der Landespolitik und der Landesverwaltung die kommunalrechtlichen Voraussetzungen für kostenfreie Bus- und Bahn-Nutzungen über Gästekarten zu schaffen. Sobald dies erfolgt ist, können davon Regionen wie der Spreewald oder das Ruppiner Seenland Gästemobilität neu und umweltfreundlich denken. Erste Modellvorhaben werden dazu im Spreewald aktuell erprobt, um möglichst rasch nachhaltige Mobilität in touristischen Regionen zu verbessern.

Der Erfolg der Kombination von Gästekarte und Mobilitätszugang hängt maßgeblich von den rechtlichen Voraussetzungen und vom integrierten Handlungsansatz der touristischen, verkehrlichen und kommunalen Partner ab. Die bestehenden Erfahrungen zeigen, dass die Mobilitätsoptionen aus der Sicht der Nutzer gedacht werden müssen, um bei Gästen und Bewohnern endlich auch Bus und Bahn als Option der Mobilität zu etablieren.

Christoph Gipp

Der Autor
Christoph Gipp ist Geschäftsführer und Bereichsleiter Mobilität am IGES Institut, Berlin

Info: Gewinn für alle

Die möglichen Effekte von Gästekarten mit integrierten Mobilitätsangeboten für touristische Regionen, Kommunen, Gastgeber, Gäste aber auch Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen bedeuten für alle Beteiligten einen Gewinn. Attraktive Angebote verbessern das Image der touristischen Region, ziehen mehr und neue Gäste an, verbessern das Bus- und Bahn-Angebot, verringern die Anzahl von Fahrten im privaten Pkw und führen zu Wertschöpfungseffekten aufgrund von mehr Übernachtungen und Konsum der Besucher. Gästekarten mit integrierten Mobilitätsangeboten bieten zudem einen Lösungsansatz, um die meist eher spärlichen öffentlichen Verkehrsangebote in ländlichen Räumen zu verdichten. Dies hilft, Versorgungsfunktionen und Erreichbarkeiten in Regionen mit strukturellen und demografischen Veränderungen zu stärken.