Lokaler Anbieter bringt das schnelle Internet

Vor allem in den mit echtem Breitband unterversorgten Regionen fehlt eine Perspektive auf das Gigabitnetz. Wie der Anschluss an die Zukunft dennoch möglich ist, zeigt der mittelständische Netzbetreiber Heuer & Sack in der Mittelgebirgsregion rund um die Stadt Wernigerode.

Die rund 33.000 Einwohner in Wernigerode im Harz (Sachsen-Anhalt) verteilen sich auf 170 Quadratkilometer Gesamtfläche in der Kernstadt und auf fünf Stadtteile. Neben dem Schwerpunkt Tourismus prägen über 2000 Studenten das Stadtbild. Der Netzbetreiber Heuer & Sack kombiniert in der topografisch herausfordernden Mittelgebirgsregion rund um die Stadt Wernigerode Zugangstechnologien wie Glasfaser, Kabel und Richtfunk.

Das nach der Wende 1990 von Lothar Heuer und Andreas Sack gegründete Unternehmen hat sich vom Elektrofachgeschäft zum mittelständischen Netzbetreiber entwickelt. Zunächst vor 20 Jahren zum Servicebetrieb für einen überregional tätigen Kabelnetzbetreiber, der hier die örtliche Wohnungswirtschaft mit TV-Diensten versorgte. Nach der Übernahme dieser Infrastrukturen rüsteten beide die Netze mit eigenen Mitteln schrittweise technisch für modernstes TV, Telefonie und schnelles Internet auf.

Als eine der wichtigsten strategischen Unternehmensentscheidungen sieht Gründer Sack den Verzicht auf Kupfertechnologien. Das Unternehmen wollte sich nicht von der politisch regulierten Infrastruktur DSL abhängig machen, die mittelfristig keine Zukunft versprach.

Im Jahr 2011 erfolgte der Einstieg beim Richtfunk. Das Land Sachsen-Anhalt unterstützte im Rahmen seiner 2-Mbit/s-Förderung den Netzaufbau mit 400.000 Euro. Über 1000 Haushalte und Gewerbebetriebe erhielten einen 16-Mbit/s-Anschluss. Besonders stolz ist man auf die Versorgung auf dem weithin sichtbaren Wahrzeichen des Harzes, dem 1141 Meter hohen Brocken. Seit fast einem Jahrzehnt hängen das Brockenhaus, der Bahnhof, der Brockenwirt, das Hotel und die Wetterstation am Netz.

Neben Kabel und Richtfunk setzt das Unternehmen auf die Glasfaser. Zuerst wurden die privat finanzierten Studentenwohnheime ans Internet angeschlossen. Ende 2018 startete Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann dann das Gigabitnetz des Unternehmens in einem Teilgebiet von Wernigerode mit zunächst 500 Haushalten. Die im Versorgungsgebiet liegende Grundschule Stadtfeld, die Sekundarschule Burgbreite und das Gymnasium wurden in diesem Frühjahr kostenlos angeschlossen.

Heute versorgt das Unternehmen in Wernigerode, Ilsenburg, Benzingerode und Heimburg über 10.000 Wohneinheiten. Die an die Glasfaser angeschlossenen Haushalte und Gewerbebetriebe können Gigabitdienste nutzen. Für die Kabelkunden werden durch die aktuell bevorstehende Aufrüstung der Netze mit DOCSIS 3.1 Gigagbitdienste schrittweise zur Realität.

Mittelstand beklagt Fokussierung auf Konzerne

Wernigerode ist ein Spiegelbild für den Wettbewerb und die Breitbandsituation in vielen anderen Regionen. In der Kernstadt steht Heuer & Sack im direkten Wettbewerb mit ausgebauten Strukturen der Telekom und von Vodafone. In den anderen Stadtteilen und Nachbarkommunen hingegen befindet sich das Unternehmen in einer deutlich besseren Position. Open Access ist für Andreas Sack die Basis für den rascheren und effizienteren Gigabitausbau.

Das mittelständische Unternehmen setzt seit Beginn auf Wettbewerb als Triebfeder für den Ausbau. An Fördermitteln hat es bis auf die Ausnahme Richtfunk in keiner Weise partizipiert. Für die erste Ausbaustufe des Glasfasernetzes in Wernigerode gab es keine Förderung. Die drei Millionen Euro Investitionen wurden aus eigenen Mitteln finanziert.

Dabei könnte gezielte Förderung gerade in infrastrukturschwachen Strukturen den Ausbau beschleunigen. Doch das zwischen 2014 und 2017 aufgelegte 4,5-Milliarden-Euro-Breitbandförderprogramm der Bundesregierung verpuffte. Laut einer Bundestagsanfrage vom Sommer 2019 wurden bisher gerade einmal 3,6 Prozent abgerufen. Unternehmer Sack sieht als die wesentlichen Ursachen komplizierte Abrufbedingungen, zu viel Bürokratie und den Ansatz, die Förderung über die Kommunen laufen zu lassen.

Besonders tragisch ist die Rolle der Kommunen. Bei geförderten Projekten in Sachsen-Anhalt erhält zumeist die Telekom den Zuschlag. In den allermeisten Fällen sind die Ausschreibungen vorab so gestaltet, dass mittelständische Netzbetreiber aufgrund ihrer geringen Größe gar keine Chance auf den Zuschlag haben. Offensichtlich fehlt es an Vertrauen in mittelständische Netzbetreiber. Dies ist auch in Wernigerode so.

Für Andreas Sack besonders ärgerlich: „Wir haben die Breitbandtechnologien alle vor Ort und beherrschen diese nachweisbar.“ Für ihn verspielen die Kommunen durch das Ignorieren des Mittelstands erhebliche Chancen und Potenziale für den schnelleren Weg in die Gigabitgesellschaft. Denn ein flächendeckender Ausbau durch die Telekom und Vodafone ist im Harz und anderen herausfordernden Regionen nicht zu erwarten.

Dabei spicht gerade für Mittelständler, dass sie die Rahmenbedingungen vor Ort kennen, schon lange mit der Verwaltung bei der Koordination von Baumaßnahmen kooperieren und gemeinsam kurze Genehmigungszeiten realisieren. Selbst die viel beschworenen fehlenden Baukapazitäten sind letztlich durch die Nähe zu Tiefbaubetrieben kein Problem. Und letztlich ist dem Kunden der Ansprechpartner vor Ort allemal lieber als der anonyme Callcenter-Mitarbeiter der großen Anbieter. Daher lautet die Forderung von Sack, zukünftig lokalen Anbietern den Vorzug zu geben und damit auch die Wertschöpfung vor Ort zu behalten.

Thomas Fuchs

Der Autor
Thomas Fuchs, Gummersbach, ist Fachjournalist für Medientechnik