Kommunen in der Pflicht

Der Betrieb kommunaler Anlagen verpflichtet zur Einhaltung der Regelungen zur Gefahrenabwehr. Die Betriebskonzepte sollten regelmäßig überprüft werden. Die Schulung von Mitarbeitern ist ebenfalls wichtig. Werden diese Vorgaben beachtet, kann eine strafrechtliche Verantwortung bei einem Schadensfall vermieden werden. – Dritter und letzter Teil unserer Serie über strafrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der öffentlichen Auftragsvergabe sowie dem Baustellen- und Anlagenbetrieb.

Kommunen betreiben eine Vielzahl von Anlagen, die in Wechselwirkung mit der Umwelt stehen. Dabei entstehen häufig Emissionen. Ebenso kann die Beeinflussung von Gewässern im Raum stehen. Dies betrifft nicht nur die Entsorgungsanlagen für Müll und Abwasser, sondern auch beispielsweise den kommunalen Betriebshof. Die Anlagen sind nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu betreiben, es gelten die Vorschriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie zur Vermeidung von (Umwelt-)Gefährdungen.

Mit dem Betrieb gehen die Erhaltungspflicht für die Anlagen und die weitergehenden Verkehrssicherungspflichten einher. Die kommunale Finanzlage wirkt sich mitunter auf die Umsetzung von (notwendigen) Maßnahmen aus. Zudem ergeben sich auch organisatorische Verpflichtungen aus dem Betrieb zur Einhaltung der Vorgaben.

Verstöße gegen die Regularien können zu Personen- und Sachschäden führen. Aber auch die nachhaltige Beeinträchtigung der Umwelt ist oftmals Folge der Missachtung von Vorschriften. Mit dem Schadenseintritt geraten nicht selten auch die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung in den Fokus der strafrechtlichen Ermittlungsbehörden. Nachfolgend soll deshalb auf die strafrechtlich relevanten Handlungsweisen näher eingegangen werden.

1. Körperverletzungen und Tötungen

Ein Unfall im laufenden Betrieb einer Anlage zieht häufig auch einen schweren Personenschaden nach sich. Oftmals liegt der Grund in der Nichtbeachtung der betrieblichen Bedienungsvorschriften und damit im Bereich des menschlichen Versagens. Die Nichteinhaltung der Betriebsvorgaben ist dann tatrelevant. Der Ansatzpunkt für eine strafrechtliche Verantwortung liegt aber auch in der fehlerhaften Erstellung von Betriebsanleitungen und Ablaufregularien.

Als Täter einer (fahrlässigen) Körperverletzung (§§ 223 ff. Strafgesetzbuch) oder gar (fahrlässige) Tötung (§§ 212, 222 StGB) kommen deshalb nicht nur der unmittelbar für den Betrieb der Anlage tätige Mitarbeiter, sondern auch der im Verwaltungsapparat für den organisatorischen Betrieb zuständige Mitarbeiter der Gemeinde oder der entsprechende Abteilungsleiter in Betracht.

2. Gemeingefährliche Delikte

In Betracht kommen auch Delikte, die auf einen allgemeinen Schutz vor Verletzungen abstellen, die sogenannten gemeingefährlichen Delikte. Relevant im Zusammenhang mit dem Betrieb von kommunalen Einrichtungen sind dabei insbesondere die (fahrlässige) Brandstiftung (§§ 306 ff. StGB), die Herbeiführung einer Überschwemmung (§ 313 StGB), die gemeingefährliche Vergiftung (§ 314 StGB) sowie die Beschädigung wichtiger Anlagen (§ 318 StGB).

Wird also das Rauchverbot auf dem Betriebshof in der Nähe der Lagerung brandgefährlicher Flüssigkeiten nicht beachtet und kommt es dann zum Feuer, liegt hierin eine (fahrlässige) Brandstiftung. Die nicht sachgerechte Betreuung vorhandender Wehre – es werden zum Beispiel die Flutventile nicht geschlossen – oder die Versiegelung großer Hangflächen sind genauso strafrechtlich relevant (fahrlässige Herbeiführung einer Überschwemmung) wie der sorglose Umgang mit Betriebsmitteln (z. B. Schmierstoffe) im Bereich der Trinkwasserversorgung, wenn diese in das Leitungswasser gelangen (fahrlässige gemeingefährliche Vergiftung).

3. Umweltdelikte

Die Ermittlungsbehörden richten zunehmend eine besondere Aufmerksamkeit auf die strafrechtliche Verfolgung von Umweltdelikten. Die Nichtbeachtung behördlicher Auflagen beim Betrieb von umweltrelevanten Einrichtungen, die mangelnde Organisation der Betriebskontrollen, der unsorgfältige Umgang mit gefährlichen Betriebsstoffen und -mitteln sind tatbestandlich. Zu den für den Betrieb kommunaler Anlagen relevanten Umweltdelikten gehören unter anderem die Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB), die Bodenverunreinigung (§ 324a StGB), die Luftverunreinigung (§ 325 StGB), der unerlaubte Umgang mit Abfällen (§ 326 StGB) oder das unerlaubte Betreiben einer Anlage (§ 327StGB). Der unsorgfältige Umgang mit boden- oder wassergefährdenden Betriebsstoffen, der nicht sachgerechte oder gegen die genehmigungssrechtlichen Auflagen erfolgende Betrieb, die Nichtbeachtung vorgegebener Überprüfungsintervalle können zur Strafbarkeit führen. Ebenso der Betrieb einer offensichtlich nicht mehr funktionstauglichen oder ausfallgefährdeten Anlage.

Werden notwendige Sanierungsmaßnahmen aufgrund einer Haushaltslage zurückgestellt, ist dies keine Rechtfertigung bei eingetretenen Gefährdungen. Ebenso ist das Nichterteilen ordnungsgemäßer Anweisungen zur Kontrolle von Anlagen oder die fehlende Überprüfung, ob Anweisungen auch tatsächlich eingehalten werden, tatbestandlich im Sinne der Umweltdelikte.

Zu sehr weitreichenden Konsequenzen kann es auch kommen, wenn ungeschulte Mitarbeiter an den Anlagen beschäftigt werden. Deshalb kommen als Täter auch die Mitarbeiter der Verwaltung (z. B. Betriebsverantwortliche) in Betracht, wenn die Zustände offensichtlich waren oder sich aufdrängten und keine Abhilfe angeordnet wurde. Werden Gefahrstoffe vorgehalten (z. B. Streusalz für den Winter), muss auf deren sachgerechte Lagerung geachtet werden.

4. Zusammenfassung

Der Betrieb kommunaler Anlagen verpflichtet unbedingt zur Einhaltung der Regelungen zur Gefahrenabwehr und deren konsequente Kontrolle. Die Ausarbeitung von Betriebskonzepten ist dabei eine wichtige Aufgabe der Verwaltung. Die Konzepte sollten in regelmäßigen Abständen dahingehend überprüft werden, ob sie noch den Anforderungen an den Betrieb gerecht werden. Auch die einfache Haushaltspolitik sollte berücksichtigen, dass genügend Finanzmittel bereitgestellt werden, um notwendige Sanierungen von gefährlichen Betrieben oder wichtige Reparaturen zeitnah umsetzen zu können. Die Schulung von Mitarbeitern ist ebenfalls wichtig. Werden diese Umstände beachtet, kann eine strafrechtliche Verantwortung bei einem Schadensfall vermieden werden.

Peter Creutz

Der Autor
Peter Creutz ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Kanzlei Creutz von Maltzahn Rechtsanwälte in Freiburg

Info zur Serie

Teil 1 unserer Serie über strafrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der öffentlichen Auftragsvergabe sowie dem Baustellen- und Anlagenbetrieb ist in der November-Ausgabe von der gemeinderat veröffentlicht worden: „Streng nach Vorschrift“ (S. 70/71) – Bestellen Sie hier diese Ausgabe

Teil 2: Baustellen bergen generell viele Risikofaktoren. Umso wichtiger ist, die rechlichte Grundlage der Haftung zu kennen bei Unfällen auf dem Baugelände, bei Baumängeln oder noch nicht bezahlten Bauleistungen: „Erhöhte Vorsicht auf der Baustelle“

Im ergänzenden Artikel „Im Zweifel für den Angeklagten“ erläutert Rechtsanwalt Peter Creutz den Ablauf des Strafverfahrens sowie die Stellung und die Rechte der Beteiligten im Verfahren. Außerdem gibt er Tipps rund um den Vorgang von Durchsuchungen.