Kommunale Abstimmung über Windenergieanlagen

Das interkommunale Abstimmungsgebot dient nicht dazu, die Nachbargemeinde zum Fürsprecher der Interessen betroffener Gemeindebürger zu machen. (VGH München vom 20. September 2017 – AZ 22 CS 17.1471)

Im vorliegenden Fall beantragte eine Nachbargemeinde vorläufigen Rechtsschutz und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen eine sofortige Vollziehung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von zwei Windenergieanlagen. Die Antragstellerin trug vor, ihr obliege die Pflicht, Bürger ihrer Gemeinde vor Lärmimmissionen sowie vor weiteren Belästigungen zu schützen, welche von den Windenergieanlagen ausgehen würden. Sie machte unter anderem gesundheitliche Belange ihrer Gemeindebürger geltend, Eingriffe in das Landschaftbild oder den Wasserhaushalt, aber auch naturschutz- und landschaftsschutzrechtliche Belange.

Der zugrunde liegende vorhabenbezogene Bebauungsplan sowie die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erweise sich daher als rechtswidrig. Darüber hinaus führte die Nachbargemeinde auf, sie sei im Hinblick auf das Gegenstromprinzip des Baugesetzbuchs (§ 2 Abs. 2 BauGB) durch eine Nichtbeteiligung der Standortgemeinde bei der Abstimmung zur Bauleitplanung in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt.

Das Verwaltungsgericht wie auch der Verwaltungsgerichtshof lehnten den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ab. Das interkommunale Abstimmungsgebot dient nicht dazu, die Nachbargemeinde lediglich zum Fürsprecher der Interessen betroffener Gemeindebürger zu machen. Zwar können auch faktische Auswirkungen auf Nachbargemeinden eine Abstimmungspflicht begründen, diese Auswirkungen müssen aber eine städtebauliche Relevanz haben und eine näher zu präzisierende Intensitätsschwelle erreichen. Dies konnte die Nachbargemeinde nicht darlegen.

Der Beschluss des VGH München präzisiert die Kontur der Selbstverwaltungsgarantie und der Planungshoheit der Gemeinden aus Art. 28 Abs. 2 GG und zeigt erneut auf, dass sich die Gemeinde nicht zum Sachwalter ihrer Bürger aufschwingen darf.

Dana Kupke / Manuela Herms

Die Autorinnen
Dr. Dana Kupke ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht bei der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft in Leipzig und unter anderem spezialisiert auf Fragen des Planungs-, Kommunal- und Umweltrechts.
Dr. Manuela Herms ist ebenfalls Rechtsanwältin der Kanzlei am Standort Leipzig und vor allem im Energierecht tätig.