Holzmodulbau: Der schnelle Weg zu guten Schulen

Mit stetig wachsenden Einwohnerzahlen ist vielerorts der Bedarf an Neubauten für Schulen stark gestiegen. Die Stadt Frankfurt am Main setzt auf schnelle Lösungen durch modulares Bauen. Dabei sind Kosten- und Terminsicherheit genauso wichtig wie qualitative Konstruktionen und Gestaltungen der Gebäude.

Bis zur Fertigstellung eines dauerhaften Schulgebäudes im Frankfurter Westend sollen das Adorno-Gymnasium und die Grundschule Holzhausenschule gemeinsam einen benachbarten, temporären Standort an der Miquelallee beziehen. Die Flächen der Goethe-Universität stehen nur bis zum Jahr 2030 zur Verfügung, sodass die Nutzung des dort entstehenden Schulbaus in Modulbauweise auf fünf bis zehn Jahre angelegt ist.

Zur Suche eines Planungsbüros führte der Magistrat der Stadt Frankfurt, als Bauherr vertreten durch das Amt für Bau und Immobilien, im Jahr 2016 ein Verfahren nach der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) durch. Die Architekten mussten nicht nur die erforderliche Planungskompetenz nachweisen, sondern zudem die extrem knappe Planungs- und Realisierungszeit mit notwendigem Personaleinsatz bewerkstelligen können.

Im VOF-Verfahren setzten sich die Architekten von Gerkan, Marg und Partner durch. Der Entwurf ist so konzipiert, dass ein modularer Rück- und Wiederaufbau an einem anderen Ort möglich ist. Das sechszügige Gymnasium und die sechszügige Grundschule sind in einem dreigeschossigen Baukörper zusammengefasst, der zwei innenliegende Pausenhöfe umschließt. Mit seiner kompakten Form reagiert das Gebäude auf das vergleichsweise kleine Grundstück und bietet zugleich kurze Wege als auch eine ökonomische Bauweise. Beispielsweise ermöglicht eine gemeinsame mittig gelegene Küche für beide Mensen einen wirtschaftlichen Betrieb des Schulzentrums.

Planungsvorgabe: produkt- und systemneutrale Bauweise

Nach dem Planungsbeginn im August 2017 lagen bereits zum Ende des gleichen Jahres der Bauantrag und eine, auf Basis der Entwurfsplanung erstellte, städtische Finanzierungsvorlage vor. In den darauffolgenden drei Monaten, bis März 2018, bereiteten Architekten und Fachplaner das Leistungsverzeichnis in Form einer funktionalen Ausschreibung vor. Um den Kreis der Bieter für die Herstellung und die Zusammensetzung der Module nicht unnötig einzuschränken, gab der Bauherr die Planung einer produkt- und systemneutralen Bauweise vor. In den Ausschreibungsunterlagen sah lediglich die Leitdetailplanung der Architekten Materialoptionen in Holz für die Umsetzung vor.

Für den Bau der Module bieten Hersteller verschiedene Varianten an: Zum einem vollständig im Werk erstellte Komplettbauten aus Holz mit Wand-, Decken- und Bodenelementen, zum anderen die im Projekt angewandte Holzmodulbauweise mit Holz-Betonverbunddecken. Mit der vom Bestbietenden im Angebotsverfahren vorgeschlagenen Konstruktion hatte der Auftraggeber bereits in früheren Projekten positive Erfahrungen gemacht.

Nach Aufstellung der Module werden in allen Räumen individuelle Fußbodenkonstruktionen eingebaut, die sich beim Umsetzen der Module allerdings nicht zerstörungsfrei zurückbauen lassen. Eine weitere Alternative für Modulbauten sind Hybridkonstruktionen, meist mit einem Grundgerüst aus Stahl und Flächenbauteilen aus Trockenbau, sowie Holzwerkstoffe.

Nach einer komprimierten Kalkulationsphase konnte der Bauherr Anfang Juli 2018 einen in der Schweiz ansässigen Anbieter für Holzmodulbauten beauftragen. Ein weiteres Zuschlagskriterium, neben der Einhaltung der engen Termine, war die Option des Rück- und Wiederaufbaus der Module. Die nahezu zerstörungsfreie Demontage des Bauwerks sowie die neue Zusammenstellung an einem anderen Ort mussten möglich sein. Nach den Erfahrungswerten des darauf spezialisierten Auftragnehmers können in der Regel 60 bis 70 Prozent der einzelnen Bauteile wiederverwendet werden.

Die Ausführungsplanung gehörte ebenfalls zum Auftrag des Modulbau-Unternehmens, sodass direkt mit einer für dessen Modulsystem konformen Planung begonnen werden konnte. Durch die zeitlich eng getaktete Abstimmung zwischen der ausführenden Firma und den Architekten und Fachplanern lag bereits im September 2018 eine Werkstatt- und Montageplanung für die einzelnen Holzmodule vor.

Perfekt abgestimmter Maschineneinsatz

Seither erfolgt die Produktion der einzelnen Module im Schweizer Werk nahezu in Fließbandarbeit. Die Bauteile werden in der Regel als Einzelelemente für Decken, Wand und Fassaden vorproduziert und in Endmontagehallen zusammengebaut. Durch den perfekt abgestimmten Maschineneinsatz kann ein Holzmodul witterungsgeschützt zusammengesetzt und anschließend verpackt und verladen werden. Der Transport der Holzmodule über Autobahnen auf Tiefladern lässt eine maximale Elementhöhe von nur 3,45 Meter zu. Durch die dabei eingesetzten Holz-Betonverbunddecken konnten sowohl der erforderliche Brandschutz als auch die in Klassenzimmern erforderlichen lichten Raumhöhen von drei Metern erfüllt werden.

Mit drei Vollgeschossen kann die Schule ohne erhöhten Brandschutz realisiert werden. Für die Wände notwendiger Flure und Treppenhäuser reichen in der Regel F30-Konstruktionen. Als Schwertransport gelangen die Module in Nachtfahrten auf die Baustelle. Hier werden sie dann in exakt vorgeplanter Reihenfolge ausgepackt, entladen und über einen Schwerlastkran an den finalen Einbauort gehoben.

Im nächsten Schritt folgen derzeit vor Ort die Innenausbauten und Fußbodenkonstruktionen der verschiedenen Räume. Die Ausbauteile sind ebenfalls zum größten Teil im Werk vorgefertigt und kommissioniert für die Montage auf der Baustelle. Die Ausbauten der technischen Gebäudeausrüstung erfolgen individuell.

Das Projekt im Frankfurter Westend zeigt, dass Holzmodulbauten für Schulen sich nicht nur schnell, sondern auch in hoher Qualität realisieren lassen. Bei einer Reduzierung der Bauzeit von bis zu 60 Prozent sind jedoch im Vergleich zu herkömmlicher Bauweise bis zu 25 Prozent Mehrkosten zu kalkulieren. Neben der Konstruktionsart sollten sich vorher alle Planungsbeteiligten darüber bewusst werden, welche Qualitäten, Kosten und Termine angestrebt werden. Sicherheit gibt es nur, wenn dann alle an einem Strang ziehen.

Das Team für den Schulcampus an der Miquelallee blickt der Fertigstellung optimistisch entgegen: Nach einem minimalen Zeitraum von nur 24 Monaten für Planung und Realisierung wird nach den Sommerferien 2019 der Schulbetrieb aufgenommen.

Bernd Gossmann

Der Autor
Bernd Gossmann ist assoziierter Partner im Berliner Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner. Als Projektleiter betreute er unter anderem das Jakob-Kaiser-Haus in Berlin sowie das Bürogebäude Allianz Taunusanlage und die Städtischen Bühnen in Frankfurt am Main