Gut vorbereitet schreibt besser aus

Die sorgfältige Planung, Vorbereitung und Durchführung ist für einen wirtschaftlichen Vergabewettbewerb zur Beschaffung von Kommunalfahrzeugen unerlässlich. Dem „Kernstück“ der Vergabeunterlagen, der Leistungsbeschreibung, sollte dabei besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Die Ausführungen im ersten Teil dieses Beitrags (s. der gemeinderat, Ausgabe 9/2017, S. 70) zeigen wie wichtig es ist, Beschaffungsvorhabens der öffentlichen Hand strikt an den Vorgaben des Vergaberechts auszurichten. Die Verwaltung, die eine Ausschreibung in der Regel formell durchführt, steht dabei vor der Herausforderung, die Anforderungen des Bedarfsträgers in diesem Sinne „sauber“ in die Vergabeunterlagen zu überführen.

Die Erstellung dieser Unterlagen erfolgt idealerweise arbeitsteilig. Die Fachdienststelle definiert ihre Anforderungen an das konkret zu beschaffende Fahrzeug (unter Berücksichtigung des Grundsatzes der produktneutralen Leistungsbeschreibung), etwa ein Wechselladerfahrzeug oder ein Schmalspur-Geräteträger, die Vergabestelle erstellt dazu die formellen Dokumente, wie etwa die Bewerbungsbedingungen oder die Vertragsbedingungen.

Für einen wirtschaftlichen Vergabewettbewerb ist eine sorgfältige Planung, Vorbereitung und Durchführung unerlässlich. Die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Vergabeverordnung (VgV) bei EU-weiten Vergabeverfahren sowie gegebenenfalls der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A) im nationalen Kontext sowie etwaiger landesrechtlicher Vorgaben sind mit den Zielen der Bedarfsträger in Einklang zu bringen.

„Kernstück“ Leistungsbeschreibung

Als sogenanntem Kernstück der Vergabeunterlagen kommt hierbei der Leistungsbeschreibung eine maßgebliche Bedeutung zu. Das Vergaberecht verlangt, dass die zu beschaffende Leistung eindeutig und erschöpfend beschrieben wird, sodass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote erwartet werden können (§ 121 Abs. 1 GWB i. V. m. § 31 VgV bzw. § 7 Abs. 1 VOL/A und § 23 Unterschwellenvergabeordnung, UVgO). Häufig greifen die Bedarfsträger hier auf „Bewährtes und Bekanntes“ zurück. Dies, obwohl in den technischen Anforderungen grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft verwiesen werden darf, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder – umgekehrt – ausgeschlossen werden.

Dies wäre lediglich dann zulässig, wenn eine solch konkrete Bezeichnung durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt wäre (§ 31 Abs. 6 VgV bzw. § 7 Abs. 4 VOL/A). Prüfmaßstab ist also – so auch die herrschende Rechtsprechung – das Vorliegen sach- und auftragsbezogener Gründe (s. OLG Düsseldorf vom 1. 8. 2012 – AZ. VII-Verg10/12; OLG Karlsruhe vom 25. 7. 2014 –AZ 5 Verg 4/14; VK Nordbayern vom 15. 4. 2015 – AZ 21.VK-3194-01/15; VK Bund vom 9. 2. 2016 – AZ VK 1-130/15).

Als Ausnahmetatbestände sind diese Regelungen jedoch eng auszulegen und immer eine Frage des Einzelfalls. Daher birgt die Beschreibung der zu beschaffenden Leistung einerseits Konfliktpotenzial zwischen Bedarfsträger und Vergabestelle, andererseits aber auch Rügepotenzial für Bieter, falls in der Leistungsbeschreibung gegen Vergaberecht verstoßen wird.

Neben den vorhandenen vergaberechtlichen Stolperfallen ist für den Erfolg einer Beschaffung eine sorgfältig erstellte und qualitativ hochwertige Leistungsbeschreibung von grundlegender Bedeutung. Hierfür ist es notwendig, alle relevanten Anforderungen an das zu beschaffende Fahrzeug mit akribischer Sorgfalt zu ermitteln, abzuwägen und in der Leistungsbeschreibung festzuhalten. Alle Leistungen, die in dieser nicht auftauchen, nach Zuschlag aber trotzdem benötigt werden, führen – sofern vergaberechtlich zulässig – zu einer Leistungsänderung, die sich der Auftragnehmer dann regelmäßig zusätzlich entgelten lassen wird. Solche Lücken in der Leistungsbeschreibung können daher zu unkalkulierbaren, extremen Kostentreibern werden. Zudem hat der Auftraggeber nur einen Anspruch auf die Leistungen, die er in der Leistungsbeschreibung definiert hat und die vom Auftragnehmer angeboten worden sind.

Neben den klassischen Anforderungen wie etwa technische Merkmale und Ausstattung, gilt es auch an Aspekte wie etwa Serviceleistungen zu denken. Bei auftretenden Mängeln – sowohl in der Gewährleistungszeit als auch in einem etwaigen anschließenden Servicezeitraum – ist es zielführend, Service-, Reaktions- und Wiederherstellungszeiten zu definieren.

Aufteilung in Teillose oder Fachlose

Trotz der vom Bundeswirtschaftsministerium propagierten Ein-zu-eins-Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien in nationales Recht geht Deutschland in einem Punkt nach wie vor einen restriktiveren Weg als der europäische Normgeber: Es bleibt bei dem in Paragraf 97 Abs. 4 S. 2 GWB verankerten Grundsatz, dass Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben sind.

Für Fahrzeugbeschaffungen kommt somit vor allem die Aufteilung in Fachlose in Betracht, nämlich nach Fahrgestell, Aufbau und Ausrüstung. Dies ergibt sich daraus, dass für diese Leistungsteile jeweils ein eigener Markt existiert. Aber auch der Bundesgesetzgeber hat erkannt und gesetzlich eingeräumt, dass mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben werden dürfen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Eine entsprechende Regelung findet sich für nationale Vergabeverfahren in Paragraf 2 Abs. 2 VOL/A (§ 22 UVgO). Nach der Rechtsprechung kann eine Gesamtlosvergabe nicht von den Gedanken getragen werden, allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsmehraufwände sowie einen höheren Aufwand bei Gewährleistungen zu vermeiden.

Christian Stetter

Der Autor
Christian Stetter ist als Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Vergabe- und IT-Vertragsrecht bei der Mayburg Rechtsanwaltsgesellschaft in München tätig

Zum Weiterlesen: Der dritte und abschließende Teil dieses Beitrags informiert unter anderem über die Bedeutung des Vertragsentwurfs im Rahmen des Vergabeangebots