Effizientere Netze sind machbar

Die Bundesregierung fördert den Neu- und Ausbau von Wärmenetzen, weil diese zum Erreichen der Klimaschutzziele beitragen. Entscheidende Voraussetzung bei der Netzplanung ist, sämtliche Effizienzpotenziale zu berücksichtigen. Dieser Beitrag gibt Hinweise, worauf Kommunen im Einzelnen achten sollten.

In der Vergangenheit wurden bei der Konzeption von Nahwärmenetzen bestehende Effizienzpotenziale nicht in dem Umfang ausgeschöpft, wie dies möglich wäre. Das führte häufig zu überdimensionierten Netzen mit Wärmeverlusten bis 25 Prozent trotz teils hoher Wärmebedarfsdichten. Die Folge: Ein energetisch wie wirtschaftlich wenig effizienter Betrieb.

Um Nahwärmenetze wirtschaftlich realisieren zu können, erfolgt in der Regel die Orientierung an einer Mindestwärmebedarfsdichte von 1,5 MWh/(m2a). Dieser Wert bleibt jedoch in Stadtrandlagen und ländlichen Gebieten häufig unerreicht. Nichtsdestoweniger können auch diese Umgebungen mit Nahwärme versorgt werden, insbesondere dann, wenn sich vorhandene oder günstig zu erschließende (Ab-)Wärmequellen einbinden lassen. Entscheidend ist, dass die Wärmeverluste möglichst gering gehalten werden. Das gelingt durch eine intelligente Netzkonzeption, ein optimales Zusammenspiel der Planungsfaktoren zusammen mit den passenden Systembestandteilen. Es gilt der Leitgedanke: „Überdimensionierung vermeiden“.

Folgende Maßnahmen für eine gesteigerte Netzeffizienz haben sich in der Praxis bewährt:

1. Hydraulischen Abgleich umsetzen

Einer Untersuchung zufolge werden bundesweit acht von zehn Heizungsanlagen ohne hydraulischen Abgleich betrieben. Wird dieser aber konsequent in den Heizkreisen der für ein Nahwärmenetz vorgesehenen Anschlussnehmer umgesetzt, wird die Wärme effizienter genutzt und die Rücklauftemperatur verringert sich. Zugleich erhöht sich damit die Temperaturspreizung, das ist die Differenz von Vor- und Rücklauftemperatur. Hohe Spreizungen ermöglichen geringere Rohrleitungsdimensionen. Letztere wiederum bringen geringere Wärmeverluste und geringere Kosten für Material und Verlegung mit sich. Ein Beispiel: Eine Energiegenossenschaft im Landkreis Würzburg erreicht durch konsequent umgesetzten hydraulischen Abgleich eine rund doppelt so hohe Spreizung wie ein vergleichbares Netz ohne diese Maßnahme.

2. Faktor Gleichzeitigkeit berücksichtigen

In einem Nahwärmenetz fordern erfahrungsgemäß niemals alle Anschlussnehmer gleichzeitig die maximale Leistung ab. Daher kann bei der Dimensionierung der Rohrleitungen eine maximale Leistung zugrunde gelegt werden, die in der Summe der Einzelleistungen der zu versorgenden Gebäude um den Gleichzeitigkeitsfaktor reduziert wird. Gleichzeitigkeitsfaktoren liegen in der Regel zwischen 0,9 und 0,7. Bei Einsatz dezentraler Speicher sind auch Werte bis 0,5 möglich. Ein Beispiel: Wird bei der Planung ein Wert von 0,7 statt 1,0 angesetzt, reduziert sich die entsprechende Wärmeleistung um 30 Prozent. Das wirkt sich auf die Dimensionierung der Rohrleitung aus. Sie kann geringer gewählt werden.

3. Nebenstränge optimieren

Weiteres Einsparpotenzial ergibt sich durch die Optimierung der Nebenstränge. Werden diese konsequent in der Dimensionierung angepasst, führt dies zu geringeren Wärmeverlusten und reduzierten Kosten. Maßgebend ist der sogenannte kritische Pfad, das ist der Hauptleitungsstrang mit dem größten Druckverlust. Ist dieser Pfad ermittelt, so werden die kürzeren Nebenstränge in ihren Rohrleitungsdimensionen so weit verringert, dass – unter Beachtung zulässiger Grenzgeschwindigkeiten – deren maximaler Druckverlust nicht höher ist, als der Druckverlust des Hauptstranges. Zwar kommt es dadurch zu höheren spezifischen Druckverlusten, diese bleiben aber ohne Auswirkungen auf die Pumpenauslegung.

4. Vor- und Rücklauf zusammenfassen

Erdverlegte Nahwärmeleitungen geben über ihren Außenmantel Wärme an die Umgebung ab. Wird die wärmeaustauschende Fläche zur Umgebung verringert, fallen auch die Wärmeverluste niedriger aus. Dies gelingt, indem die beiden Leitungen für Vor- und Rücklauf in einem gemeinsamen Rohraußenmantel, einer Duo-Leitung, zusammengefasst werden. Um bis zu 35 Prozent geringere Wärmeverluste werden so möglich.

5. In Dämmung investieren

Eine langfristige Investition, die sich auszahlt, ist die verstärkte Dämmung der Rohrleitungen. Wie bei einer Gebäudehülle werden durch Ummantelung der erdverlegten Leitungen mit langlebigen hochwertigen Materialien Wärmeverluste reduziert. Wie gering diese ausfallen, hängt nicht zuletzt von Materialqualität und Dämmstärke ab. Die höheren Investitionskosten in einfach oder zweifach verstärkte Dämmung amortisieren sich meist bereits nach zehn Jahren. Trotz dieser höheren Investitionskosten können die resultierenden Wärmegestehungskosten (bzw. der Wärmepreis) damit geringer ausfallen, da bei einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Zeitraum von mindestens 20 Jahren zugrunde gelegt wird.

Durch konsequente Umsetzung der genannten Maßnahmen können bei der Netzplanung Überdimensionierungen vermieden und Wärmeverluste verringert werden. Das führt zu energetisch wie wirtschaftlich effizienteren Nahwärmenetzen. Auf diese Weise werden viele Nahwärmenetze auch in Umgebungen mit geringen Wärmebedarfsdichten realisierbar: Zwar gilt nach wie vor, dass die Wärmeverluste mit abnehmender Wärmebedarfsdichte überproportional ansteigen, jedoch können diese im Vergleich zum Standard halbiert werden, vorausgesetzt alle genannten Effizienzpotenziale werden ausgeschöpft.

Fazit: Insgesamt ist eine Netzplanung, die sämtliche Effizienzpotenziale ausschöpft, entscheidende Voraussetzung dafür, den Neu- und Ausbau von Wärmenetzen zu ermöglichen, wie er von der Bundesregierung zum Erreichen der Klimaschutzziele gefordert und gefördert wird. Zudem will beispielsweise das Land Baden-Württemberg noch in diesem Jahr eine Förderrichtlinie zum Netzausbau veröffentlichen. Fördervoraussetzung ist unter anderem ein stärkerer Fokus auf die Netzeffizienz.

Olaf Kruse

Der Autor
Olaf Kruse ist Projektleiter kommunale Wärmenetze bei Rehau in Erlangen