Eckehard Forst: „Wir wollen ein starker Partner sein“

Der Kommunalfinanzierungsmarkt zeigt sich ein Jahrzehnt nach der Finanzmarktkrise wieder stabil. Ausnahmen sind die langen Laufzeiten. Bei der Finanzierung wie auch bei der Beratung kommen die Förderbanken ins Spiel. Ein Gespräch mit Eckhard Forst, Vorstandsvorsitzender der NRW-Bank.

Herr Forst, wie sieht der Markt für Kommunalfinanzierungen derzeit aus, von welchen Entwicklungen wird er geprägt?

Forst: Insgesamt kann die Kreditversorgung der Kommunen aktuell als gesichert bezeichnet werden. Während es ausgelöst durch die Finanzmarktkrise des Jahres 2008 Banken gab, die ihr Angebot für Kommunen reduziert oder ganz eingestellt hatten, sind einige von ihnen wieder zurück am Markt. In der jüngeren Vergangenheit haben auch andere Anbieter wie zum Beispiel Lebensversicherungen das Kommunalkreditgeschäft für sich entdeckt. Die Finanzierungsbasis der Kommunen ist deutlich breiter als noch vor einigen Jahren. Das entlastet den Kreditmarkt. Insbesondere bei Liquiditätskrediten mit kurzen Laufzeiten sind sehr viele Anbieter am Markt – auch Banken aus dem Ausland, insbesondere aus den Niederlanden. Außerdem hält die Nachfrage nach Schuldscheindarlehen von Kommunen an.

Wie steht es bei langen Laufzeiten?

Forst: Hier ist das Bild etwas differenzierter, denn mangels Möglichkeiten zu laufzeitkongruenten Refinanzierungen bieten viele Banken in diesem Segment nicht an. Da sind dann insbesondere wir als Förderbank für Nordrhein-Westfalen gefragt. Denn wir sind in der Lage, Kredite über lange Laufzeiten mit Zinsfestschreibung zur Verfügung zu stellen. Das entlastet die kommunalen Haushalte dauerhaft und zuverlässig.

Welche Rolle spielt ein Förderinstitut wie die NRW-Bank im Bereich der Kommunalfinanzierung generell?

Forst: Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, denn die aktuellen Megatrends Digitalisierung, Energiewende und demografischer Wandel verlangen ein zügiges Handeln. Kommunen müssen in diesem Kontext für passende und zukunftsorientierte Infrastrukturen sorgen. So wird schnelles Internet zunehmend zum entscheidenden Ansiedlungsfaktor, gleichzeitig muss die Infrastruktur modernisiert werden und im Thema Mobilität gleichermaßen auf klimafreundliche Techniken wie auf kundenorientierte Gestaltung geachtet werden. Bei all diesen Aufgaben unterstützen wir die Kommunen. So stellen wir zinsgünstige und bedarfsorientierte Förderdarlehen zu guten Konditionen zur Verfügung und bieten darüber hinaus auch zielgerichtete Beratung an.

Was umfasst diese Beratung?

Forst: Wir helfen etwa beim Identifizieren, Beantragen und Abwickeln von Fördermitteln, unterstützen bei der Projektoptimierung und beim Aufbau eines zentralen Fördermanagements. Dabei handelt es sich um eine spezialisierte Stelle in der Kommune, die sich um alle Belange des Themas Zuschussförderung kümmert. Unser Ziel ist, starker Partner der Kommunen in allen Finanzierungsfragen zu sein.

Wie sieht für 2018 die Leistungsbilanz Ihrer Bank im Bereich der kommunalen Finanzierung aus?

Forst: In den ersten neun Monaten haben wir 6,9 Milliarden Euro an Fördermitteln vergeben. Auf das volumenstärkste Förderfeld „Infrastruktur/Kommunen“ entfielen 3,1 Milliarden Euro – 2017 waren es 4,1 Milliarden Euro. Nach einer außergewöhnlich hohen Kreditvergabe 2016 und 2017 erreichten die Programme dieses Förderfelds wieder das gute Niveau des Jahres 2015. Einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage verzeichnete das Programm „NRW.BANK.Gute Schule 2020“, dessen Mittel in die Sanierung und Modernisierung der kommunalen Schulinfrastruktur fließen: In den ersten drei Quartalen 2018 haben die Kommunen 186 Millionen Euro abgerufen, 47 Prozent mehr als im Vorjahr. Zudem haben sie das für 2017 bereitgestellte Kontingent in Höhe von 500 Millionen Euro aus diesem Programm mit Ablauf des vergangenen Jahres vollständig ausgeschöpft. Auch unsere Programme „Kommunal Invest“, „Kommunal.Invest Plus“ und „Sportstätten“ werden von den Kommunen gerne in Anspruch genommen.

Für Kommunen mit knappen finanziellen Mitteln ist es schwierig, bei geförderten Projekten die Kofinanzierung zu leisten. Gerade sie aber sind auf staatliche Zuschüsse angewiesen …

Forst: In der Vergangenheit hat es Fälle gegeben, bei denen Kommunen den Eigenanteil für geförderte Projekte nicht aufbringen konnten, weil entsprechende Kreditermächtigungen nicht vorlagen. In dieser Frage hat sich nach unserer Beobachtung die Lage jedoch deutlich entspannt.

Kommunen müssen sich für das Beantragen und Abrechnen von Fördermaßnahmen durch eine große Zahl von Regularien kämpfen. Angesichts von gleich mehreren Programmen in manchen Bereichen und einer knappen Personaldecke möglicherweise eine Zugangshürde. Gibt es zu viele Programme und zu detaillierte Vorschriften?

Forst: Aus meiner Sicht trägt die Vielfalt der Programme eher den vielfältigen Herausforderungen Rechnung, vor denen Kommunen stehen. Nicht umsonst haben wir uns als NRW-Bank auf die Fahnen geschrieben, für jeden Finanzierungsanlass das passende und von uns zugeschnittene Produkt zu bieten. Das ist aus unserer Sicht für jeden Kreditnehmer eine vorteilhafte Situation. Natürlich ist Förderung immer auch mit Regularien verbunden – das verhindert letzten Endes auch eine Fehlallokation der Gelder, ganz im Sinne des Steuerzahlers. Die Kommunen stehen in diesem Punkt aber nicht alleine da. Sie können sich jederzeit an uns wenden. Unsere spezialisierten Beratungseinheiten unterstützen auch an dieser Stelle.

Sie sagen, Förderung ist mehr als der Zugang zu günstigen Förderdarlehen und erweitern Ihr Angebot im Bereich der Beratung. Bei welchen Themen besteht der höchste Bedarf?

Forst: Unsere Beratung umfasst alle Bereiche, in denen wir als Förderbank helfen können. In den Kommunen sind wir in der Lage, unsere Beratung dem individuellen Bedarf anzupassen. In den vergangenen Jahren haben wir intensiv zu Fragestellungen der Wirtschaftlichkeit im Hochbau beraten. Aktuell prüfen wir, ob beziehungsweise wie diese Methodik und unsere Erfahrungen auf andere Projekte übertragen werden können. In der jüngeren Vergangenheit haben wir Kommunen in Themen wie Fördermanagement, Creditor Relations oder allgemeines Risikomanagement begleitet. Wir sehen, dass sich gerade diese Themen sowohl sehr gut für die Kommunen selber als auch in Form von Lösungen mittels interkommunaler Zusammenarbeit anbieten. Zudem moderieren wir Gespräche und beraten Politik, Verwaltung und städtische Tochtergesellschaften dazu, welche Möglichkeiten sich auch in Bezug auf den Haushalt ergeben.

Es fließt seit langem viel Geld von Bund und Ländern zur Unterstützung der kommunalen Investitionstätigkeit. Dennoch wachsen die Investitionsrückstände tendenziell weiter. Wirkt die Staatshilfe nicht?

Forst: An einigen Stellen braucht es einfach einen gewissen Vorlauf. Zum Beispiel beim Bau von Schulen oder dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind eine gute Planung, aber auch Abstimmungen mit Kommunalaufsicht und der Kommunalpolitik notwendig. Das braucht Zeit. Erschwerend kommen begrenzte Umsetzungs- und Planungskapazitäten bei den Kommunen hinzu. Auch die Vollauslastung und der Fachkräftemangel in der Bau- und Planungswirtschaft wirken sich auf das Umsetzen kommunaler Projekte aus. Dennoch bieten das gute wirtschaftliche Umfeld, steigende Steuereinnahmen sowie das niedrige Zinsniveau bei gleichzeitig sinkender Verschuldung in der Mehrheit der Kommunen Spielräume für Investitionen. Das belegt auch das KfW-Kommunalpanel 2018.

Interview: Wolfram Markus

Zur Person: Eckhard Forst (Jg. 1959) ist seit 1. November 2016 Vorstandsvorsitzender der NRW-Bank in Düsseldorf. Der Rechtswissenschaftler war zuvor (seit 2007) Mitglied des Vorstands der Norddeutschen Landesbank Girozentrale (Nord LB) in Hannover. Im Juni 2018 wurde er als Vizepräsident des Europäischen Verbandes öffentlicher Banken (European Association of Public Banks, EAPB) bestätigt. Zur Nord LB war Forst von der Deutschen Bank in Bielefeld gewechselt, bei der er als Mitglied der Geschäftsleitung für den Bereich Corporate- und Investment-Banking zuständig war.