Beleuchtungsinfrastruktur: Multitalent am Straßenrand

Die Infrastruktur der Straßenbeleuchtung ist bestens geeignet, um sie im Zuge der Digitalisierung mit Zusatzfunktionen auszurüsten, beispielsweise mit Luftwertemessung und E-Ladetechnik. Die Kommunen selbst können diese Daten erfassen oder Dritten die Mastnutzung gestatten. Was ist zu beachten?

Jede Kommune in Deutschland ist zur Beleuchtung ihrer Straßen verpflichtet, und dabei wird es auch zukünftig bleiben. Als Träger der Straßenbaulast ist für Kommunen die Errichtung und der Betrieb von Straßenbeleuchtung Ausfluss ihrer Verkehrssicherungspflicht. Ärgerlicherweise ist die kommunale Straßenbeleuchtung ein reiner Kostenfaktor, der die öffentlichen Haushalte belastet. Muss das so sein?

Themen wie Smart City und Digitalisierung erfordern ein infrastrukturelles Rückgrat. Der Rückgriff auf bestehende Infrastrukturen wie Straßenbeleuchtungsmasten kann und sollte hier eine Lösung sein. Kaum eine Einrichtung im öffentlichen Raum ist in jeder Kommune in höherer Anzahl und flächendeckender Verbreitung vorhanden als die öffentliche Straßenbeleuchtung. Kommunen bietet sich die Chance, die ansonsten lediglich mit Kosten verbundene Straßenbeleuchtung durch Zusatznutzen kommerziell zu vermarkten.

Zahlreiche Anbieter haben den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten bereits Rechnung getragen und bieten multifunktionale Masten in Form von Bausatzsystemen an. Der Kunde entscheidet, über welche Zusatzfunktionen der Mast bereits ab Werk verfügen soll oder welche Zusatzfunktionen später nachrüstbar sind. Seit 2018 beschreibt sogar die DIN SPEC 91347 den multifunktionalen Masten (Humble Lamppost) als modular konzipierten Masten mit Bausteinen aus den Bereichen der Konnektivität, Sensorik, Aktorik und Energiesystemen.

Mittels multifunktionaler Masten lassen sich Luftwerte messen (Sensorik), Plätze überwachen (Kamera) und Autos laden (E-Ladesäule). Weiterhin kann über sie WLAN zur Verfügung gestellt werden, ein Notrufknopf Sicherheit bieten und der Verkehrsfluss überwacht werden. Besondere Aufmerksamkeit ist dem Ausbau der 5G-Infrastruktur zu widmen. Im Juli 2019 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Broschüre „Mitnutzungspotenziale kommunaler Trägerinfrastrukturen für den Ausbau der nächsten Mobilfunkgeneration 5G“ herausgegeben und stellt die Straßenbeleuchtung als kommunale Trägerinfrastruktur in den Vordergrund.

Im Folgenden werden die rechtlichen Aspekte der Nutzung solcher Zusatzfunktionen beleuchtet.

Nutzungsmöglichkeiten

Als Eigentümerin der Straßenbeleuchtung obliegt es grundsätzlich der Entscheidungshoheit der Kommune, ob sie ihre Straßenbeleuchtungsinfrastruktur um Zusatzfunktionen erweitert. Sie kann diese Zusatzfunktionen selbst betreiben oder den Betrieb Dritten gestatten. Im letzteren Fall stellt sich die Frage, inwieweit die Kommune in der Wahl des Dritten frei ist.

Ist Straßenbeleuchtung eine öffentliche Einrichtung im Sinne der Gemeindeordnung, so sind zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen „alle Einwohner einer Gemeinde […] im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen und verpflichtet, die Lasten zu tragen, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zu der Gemeinde ergeben“ (§ 8 Abs. 2 GO NRW). Ist der Anspruchsteller nicht Einwohner der Gemeinde, so ergibt sich sein Recht auf Nutzung der öffentlichen Einrichtung aus dem allgemeinen Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG und dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung.

Gestattet die Kommune einem Dritten Zusatzfunktionen an den Straßenbeleuchtungsmast anzubringen oder zu betreiben, ergibt sich die Frage, ob hieraus der Anspruch weiterer Dritter folgt, ebenfalls Zugang zur Infrastruktur zu erhalten. Es ist umstritten, ob Straßenbeleuchtung eine öffentliche Einrichtung mit eben der erwähnten Konsequenz ist.

Gegen eine derartige Einordnung spricht die Negativabgrenzung im Rahmen der Definition der öffentlichen Einrichtung. „Nicht zu den öffentlichen Einrichtungen gehören die Sachen im Gemeingebrauch, die im Rahmen der Widmung von jedem auch ohne besondere Zulassung bestimmungsgemäß genutzt werden dürfen (z. B. öffentliche Straßen, Wege und Plätze, öffentliche Parks […]).“ Straßenbeleuchtung ist gerade kein Gegenstand, dessen Benutzung der besonderen Zulassung bedarf. Sie wird von den Straßenverkehrsteilnehmern ganz selbstverständlich genutzt und bedarf hierfür keiner besonderen Widmung.

Handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung, so folgt jedoch auch hieraus kein Anspruch jedes Dritten auf Nutzung der Straßenbeleuchtungsinfrastruktur für Zusatzfunktionen. Die Anzahl und der Zusatznutzen der Straßenbeleuchtungsmasten in einer Kommune sind kapazitiv begrenzt. Die Kommune kann diesen Umstand im Rahmen ihres Ermessens bei der Auswahl der Dritten berücksichtigen.

Nutzungsverhältnis

Entscheidet sich eine Kommune für die Vermarktung ihrer Straßenbeleuchtungsinfrastruktur, sollte eine dezidierte Nutzungsvereinbarung über den Umfang der Nutzung abgeschlossen werden. Rechtlich ist das Nutzungsverhältnis regelmäßig als Miet- oder Pachtvertrag einzuordnen. Gemäß § 581 Abs. 2 BGB finden die Regelungen über die Miete auch auf die Pacht Anwendung.

Im Nutzungsvertrag sollte die betroffene Straßenbeleuchtungsinfrastruktur ebenso explizit benannt werden wie die beabsichtigte Zusatzfunktion einschließlich ihrer Befestigungsweise am Mast. Letzteres ist von erheblicher Bedeutung für die Statik und Standsicherheit der Infrastruktur. Regelungen zu Verantwortungsbereichen und zur Haftung sind ebenfalls zwingend. Außerdem sollte geregelt werden, wie bei Beendigung des Nutzungsvertrages mit der Zusatzfunktion umzugehen ist.

Vorteile der Kommune

Die Kommune kann die Nutzung gegen Entgelt vorsehen. Wird die Höhe des Nutzungsentgeltes dabei nicht vereinbart, so schuldet der Nutzer grundsätzlich eine angemessene oder ortsübliche Vergütung. Die multifunktionale Nutzung von Straßenbeleuchtungsmasten ist ein sich entwickelnder Markt, sodass verlässliche und vergleichende Angaben zur Höhe der Vergütung fehlen. Im Bereich der Mitnutzung bestehender Infrastrukturen für Zwecke der Telekommunikation sieht das Telekommunikationsgesetz vor, dass für die Mitnutzung sogenannter passiver Netzinfrastrukturen – hierunter können auch Straßenbeleuchtung und Masten fallen – ein Mitnutzungsentgelt in Höhe der zusätzlichen Kosten, die sich für den Eigentümer oder Betreiber der passiven Infrastruktur ergeben, zuzüglich eines angemessenen Aufschlags als Anreiz zur Gewährung der Mitnutzung zu entrichten ist (§ 77n Abs. 2 S. 2, 3 TKG).

Weiterhin kann die Kommunen unmittelbar Einfluss auf die Datengewinnung sowie die Datenverwendung nehmen, behält mithin die Datenhoheit. Zusatzfunktionen dienen häufig der Gewinnung von Daten und Informationen (z. B. Sensorik, WLAN, Kamera), um diese für weitere Zwecke zu nutzen. Gewinnt eine öffentliche Stelle Informationen, hat sie diese in den Grenzen der Informationsfreiheitsgesetze (IFG) auf Antrag jeder natürlichen Person zur Verfügung zu stellen. Informationen sind zum Beispiel nach § 3 IFG NRW alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden. Der Begriff der Information ist weit zu verstehen und „soll eine offene und umfassende Auslegung sicherstellen“.

Betreibt eine Kommune die Zusatzfunktion, so werden die Voraussetzungen an eine Herausgabe regelmäßig gegeben sein. Wird einem Dritten die Installation und/oder der Betrieb der Zusatzfunktion überlassen, erhebt zwar grundsätzlich nicht die Kommune die Daten. Jedoch muss jede Kommune entscheiden, ob sie diese Datenhoheit vollständig aus der Hand geben möchte oder entsprechende Regelungen nicht vielmehr in die Nutzungsvereinbarung aufzunehmen sind.

Lena Kreggenfeld / Martin Brück von Oertzen

Die Autoren
Lena Kreggenfeld und Martin Brück von Oertzen sind Rechtsanwälte der Kanzlei Wolter Hoppenberg in Hamm